Rosenmontag
Lorenz Stassen

Ullstein Taschenbuch Verlag

Taschenbuch

ISBN 978-3-5480-6415-4

11,99 € [D], SFr. 13,90 [CH], 12,40 € [A]
Kriminalroman | 200-jähriges Jubiläum des Rosenmontagsumzugs: Zeitgeschichte gepaart mit einem hochspannenden Kriminalfall
Lorenz Stassen

Lorenz Stassen

Lorenz Stassen, geboren 1969, wuchs in Solingen auf und wurde zunächst Chemielaborant. Er wechselte ins Film- und Fernsehgeschäft und arbeitet seit 1997 als freischaffender Drehbuchautor und Schriftsteller. Lorenz Stassen lebt in Köln und ist Mitglied bei den »Roten Funken«.

Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Lorenz Stassen

Wo schreibst du am liebsten?

An meinem Laptop zuhause.     

Welcher ist dein Lieblingskrimi?

„Die Frau im Beton“ (The Concrete Blonde) von Michael Connelly (Erfinder der Harry-Bosch-Reihe und gleichnamigen Amazon-Serie) 

Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?

Romy Fölck, Andreas Izquierdo, Christian Schnalke

Warum bist du im SYNDIKAT?

Weil ich es wichtig finde, mit anderen Autoren in Kontakt zu stehen und sich auszutauschen.

Dein Lieblingswort?

„ausschlaggebend“ (Hat eine besondere Bedeutung in meinem neuen Roman, weil das Wort darin nicht vorkommt.)

Dein Sehnsuchtsort?

Korsika

Dein Lieblingsgetränk?

Ein guter Rotwein, vorzugsweise aus Spanien

Dein Lieblingsmord?

Je weniger Blut, desto besser.

Wo findest du Ruhe?

Auf dem Fahrrad.

Wo Aufregung?

In der Schlange vor der Kasse im Supermarkt. „Kann das nicht schneller gehen?“

Deine persönlich meist gehasste Frage?

Wie verkauft sich das Buch? (Vor allem wenn die Frage drei Tage nach Erscheinen gestellt wird von Leuten, die es weder kaufen noch lesen werden.)      

Rezension

WDR 4, Alex Becker. Gesendet am 11.11.2022:

„Lorenz Stassen schreibt seit Jahren Krimis, immer toll zu lesen, Stil so ein bisschen wie Nele Neuhaus oder Sebastian Fitzek. Jetzt begibt er sich zum ersten Mal ins historische Genre. (…) Lorenz Stassen hat die Tatsache, dass so um den Rosenmontagszug gekämpft wurde, zum Schauplatz seines Krimis gemacht.“


Leseprobe „Rosenmontag“ 

KÖLN 1823

ZEITGESCHICHTE GEPAART MIT EINEM SPANNENDEN KRIMINALFALL.

Zabel zog sich leise an und schlich aus dem Zimmer, nachdem Eva eingeschlafen war. An der Tür zögerte er. Sollte er sich den Säbel umschnallen, der ihn als Polizist verriet? Gustav entschied sich für ein Messer mit scharfer Klinge, welches er in die Tasche seines Mantels steckte. Schutzlos würde er sich auf keinen Fall in die Nähe des Freihafens begeben, auch nicht als Kommissar. Er nahm eine Laterne mit, die er im Treppenhaus anzündete und sich danach erst die Handschuhe anzog. Draußen blies ihm kalte Luft ins Gesicht, noch kälter als am frühen Morgen. Die Straßen waren beinahe menschenleer. Zabel dachte über Eva nach, die sich in den letzten Wochen sehr seltsam benommen hatte. Aus welch verborgenem Winkel ihres Verstandes könnte der Vorschlag gekommen sein, ihn bei der Arbeit zu begleiten? In den fast zwei Jahren, die sie sich kannten, hatte seine Frau so einen Wunsch niemals formuliert, wäre noch nicht mal auf so eine Idee gekommen. Hatte die Totgeburt sie irgendwie verändert? War das möglich? Er würde einem befreundeten Medizinprofessor aus Bonn schreiben und ihn fragen, was in so einem Fall am besten zu tun wäre.

Zabel erreichte den Heumarkt, wo sich das nächtliche Volk tummelte. Er versuchte, die dunklen Gestalten zu ignorieren, doch diese wurden vom Schein seiner Laterne angezogen. Wie aus dem Nichts tauchten sie schemenhaft vor ihm auf, lungerten an Hauswänden herum oder huschten vorbei. Alle schienen ihn anzustarren, die meisten trugen dunkle Schlapphüte, genau wie der Mann, den er heute morgen verfolgt hatte. Zabel ging davon aus, dass dieser Kerl hier irgendwo war und ihn beobachtete. Zabel trat ein in das schwachbeleuchtete Labyrinth mit all den Ecken und Winkeln, hielt die Laterne etwas höher, um besser sehen zu können. Ein Mann mit einem vernarbten Gesicht kam ihm entgegen, machte einen Schritt zur Seite und ging vorbei. So nah, dass sie sich beinahe berührten und Zabel seinen feuchten Atem roch. Ein anderer Mann war vermummt, um der Kälte zu trotzen oder um nicht erkannt zu werden. Zabel umfasste den Griff seines Messers in seiner Manteltasche noch fester. Seine Bereitschaft, die Waffe zu benutzen, schien jeder in seinem Gesicht lesen zu können und die Männer wichen zur Seite, wenn er an ihnen vorbeiging.

Vor den Türen der Spelunken und Kneipen hingen Laternen, die den Eingang beleuchteten. Dort sammelten sich die Leute in zugeknöpften Mänteln und schwerem Schuhwerk, der Kälte trotzend. Zabel wusste nicht, wo Bartmann sich aufhielt, und er musste mehrere Lokalitäten betreten, bis er ihn in der dritten Spelunke fand. Im Vergleich zu den beiden Kneipen vorher war diese ein besonders übler Laden, sehr laut, die Gäste unterhielten sich nicht miteinander, sondern schrien und grölten. Mancher stimmte ein Lied an und sang dabei so schief, dass es in den Ohren weh tat. Zabel behielt den Griff des Messers vorsichtshalber in der Hand, die Klinge verborgen in der Manteltasche.

Bartmann stand sichtlich angetrunken an der Theke und bemerkte Zabel nicht einmal, als er näherkam. Schließlich schaute schielend zu Zabel, mit fast geschlossenen Lidern.

„Isch hab jedacht, m’r han usjemacht, isch dreh allein dat Ründche.“

„Das habe ich auch zuerst gedacht, aber der Einbruch ist mein Fall. Schon was herausgefunden?“

„Isch weed Ihnen dat Schmölzche nit wegnehmen, keine Sorge.“

„Dat Schmölzche?“

Bartmann seufzte wieder, wie immer, wenn Zabel ihn nicht auf Anhieb verstand. „Den Fall. All Lück reden von däm Einbruch, ävver keiner will et jewese sin. Un keiner weiß wat.“

Der Wirt erschien hinter der Theke, schaute zu Zabel. „Wat wells de trinke?“

Zabel überlegte einen Moment zu lange, Bartmann war schneller. „Dat selve wie isch.“

Der Wirt verschwand.

Bartmann schaute zu Zabel. „Nit, dat einer wie Sie he noch en Wasser bestellt.“

„Wieso? Das Wasser in Köln soll gut sein“, erwiderte Zabel.

In dem Moment gab es einen Tumult am anderen Ende der Spelunke. Zwei Männer gerieten in Streit, der eine schlug dem anderen mit der Faust ins Gesicht, sodass dieser zu Boden ging. Andere standen drum herum und grölten laut. Zabel wollte sich gerade dorthin bewegen, da hielt Bartmann ihn am Arm fest.

„Nit dun. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“

Und als ob Bartmann ein Hellseher wäre, geschah es genauso. Der Verlierer kam wieder auf die Beine, wischte das Blut mit seinem Ärmel vom Gesicht, dann stießen die Kontrahenten miteinander an und setzten sich wieder, während die Umstehenden noch lauter grölten.