Zürcher Verrat
Gabriela Kasperski

Emons Verlag

Taschenbuch

ISBN 978-3-7408-1843-2
November 2024

16,– € [D], SFr. 22,60 [CH], 16,50 € [A]
Ein mitreißender Krimi, der Licht auf ein dunkles Stück Schweizer Geschichte wirft.
Absolut fesselnd und eindringlich erzählt.

Auf dem Sechseläutenplatz werden unter freiem Himmel Opernarien live übertragen.
Im Publikum befinden sich auch Kommissar Werner Meier und Zita Schnyder, aber die Freude über das musikalische Schauspiel wird jäh unterbrochen, als ein Mann tot aufgefunden wird. Zeugen wollen die Chorleiterin Lou Müller als Täterin erkannt haben. Lou flüchtet, und eine Verfolgungsjagd beginnt, auf der Meier und Schnyder eine düstere Geschichte aufdecken, deren Ursprung im Zürich des Zweiten Weltkriegs liegt.
Gabriela Kasperski

Gabriela Kasperski

 Gabriela Kasperski absolvierte ein Studium der Anglistik, war als Radio- und TV-Moderatorin und Schauspielerin tätig. Heute schreibt sie Krimis, Kinderromane und Drehbücher, Adaptionen für Film und Fernsehen,und arbeitet als Sprecherin, Regisseurin und Expertin. Sie lebt mir ihrer Familie in Zürich.
 

Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Gabriela Kasperski

Wo schreibst du am liebsten?

Am Küchentisch.

Welcher ist dein Lieblingskrimi?

Da gibt es viele. Ich lese Krimis, um mich zu inspirieren, um zu lernen, um zu erfahren und for Fun.

Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?

Petra Ivanov.          

Warum bist du im SYNDIKAT?

Solidarität.         

Dein Lieblingswort?

Genau. 😊         

Dein Sehnsuchtsort?

Camaret-sur-Mer, what else?         

Dein Lieblingsgetränk?

Schwarztee mit Milch.          

Dein Lieblingsmord?

Wenn ich es hinkriege, keinen Mord drin zu haben und doch alle das Gefühl haben, es hätte einen gegeben.         

Wo findest du Ruhe?

Beim Schreiben.         

Wo Aufregung?

Beim Schreiben.

Leseprobe

Ein Duett von Geigen und Fagott, dazu die Holzbläser und

eine Fanfare. Die fliehende Klarinette, schließlich die Blechbläser mit voller Wucht und darüber schwebend die Violine. Macbeth, die Oper von Verdi. Nach all den Hindernissen

begann sie pünktlich, Klock acht. Wuchtig, allumfassend.

Meier stand in der Direktionsloge ganz hinten an der Wand,

vor ihm der blonde Wuschelkopf von Samu Müller, Lous

Sohn, extra für die Vorstellung hatte er die Kapuze runtergezogen.

Wenn er sich auf die Zehen stellte, konnte er den

Dirigenten sehen. Vom ersten Takt an flog das Orchester davon,

dass es eine Freude war. Nach dem Ende der Ouvertüre

stolzierten die Hexen auf die kahle Bühnenschräge. Sie hatten

die Gestalt von Raben und verschmolzen mit dem Hintergrund,

um den beiden Feldherren Macbeth und Banquo Platz

zu machen. Eine Flöte verbreitete prickelndes Adrenalin.

Meier löste sich vom Bühnengeschehen und ließ seinen

Blick über die Publikumsreihen gleiten, er war als Polizist

hier und nicht als Zuschauer. Na ja, vielleicht ein wenig von

beidem. Das Haus platzte aus allen Nähten, selbst die Notsitze

waren besetzt. Beim Eingang unten links sah er Serge,

in einem braunen, etwas eng sitzenden Anzug, ganz hinten

eine Security-Person, ebenfalls im Anzug. Ein Knacken in

seinem Ohr, da, wo der Sender saß.

»Hinter der Bühne ist alles in Ordnung. Der Metrochor

macht sich bereit.«

Nun hatte Lady Macbeth ihren Auftritt. Brief lesen, Plan

schmieden, den Mann überreden, den Rivalen zu töten. Schuld

daran ist die Prophezeiung der Hexen. Wir waren’s nicht,

nicht wir, die waren’s. Noch nie hatte Meier diese Geschichte

von Rache und Täuschung, von Feigheit und Tod so plausibel

erzählt gesehen. Han Ly war wirklich eine Meisterin ihres

Fachs! Eines führte zum anderen, mit einer Unausweich-

lichkeit, die ihn schaudern ließ. Macbeth, angefeuert von der

Lady, ermordet Banquo. Auftritt des Chors, dirigiert von der

unsichtbaren Mieke Jansen, die Lou Müller vertrat. Hinten

wurde der Berg hochgefahren. Groß und hoch, ein Schweizer

Urgestein, und ganz oben thronte die Roncalli. Er hätte

sie nicht erkannt, sie sah richtig fürchterlich aus, die Maske

hatte noch mal kräftig zugelangt. Von beiden Seiten und von

hinten kamen die schwarz gekleideten Figuren in den unendlichen

Raum, halb schreitend, halb schwebend, der Gesang

so gigantisch, dass er den Zuschauerraum sprengte. Bis alles

auf einen Schlag verstummte. In die ohrenbetäubende Stille

ertönte eine Violine wie ein Zwitschern. Nun wuselten einige

Fledermäuschen auf die Bühne, schillernde Flecken in dem

Meer von Schwarz. Sie flogen singend von Mensch zu Mensch,

um schließlich Macbeth und die Lady zu umschwirren. Das

Publikum war bezaubert, Lachen war zu hören, Erleichterung

machte sich breit. Vielleicht stünde Banquo ja gleich wieder

auf, und Macbeth würde den Scherz zugeben. Die Blechbläser

setzten ein, und die Kinder wurden wegkatapultiert. Die

kleinste der Fledermäuse hielt ihre Hände wie Muscheln an

die Ohren. Meier kannte diese Haltung sehr genau. Selbst im

Schlaf hielt Lily ihre Hände so. Schtärnesiech! Was machte

sie hier? Warum war sie nicht zu Hause im Bett? Und wo war

ihre Mutter?