Willkommen@daheim
Bookspot Verlag
Broschur
Wie konnte das passieren?
Zuletzt ermittelte Kommissar Skokan noch wegen Mordverdachts gegen Harry Weingarten; jetzt wohnt er mit Harry, dessen Freundin Miriam und Mutter Annie unter einem Dach!
Das seltsame Quartett hat sich auf dem Land im Rheingau niedergelassen und scheinbar problemlos akklimatisiert – wären das nicht diese Störfeuer:
Auf Miriams neu eröffnetes Antiquariat wird ein Brandanschlag verübt und Harry selbst von einem Wagen verfolgt. Und dann ist da noch Harrys Freund Nicky, der ihn immer wieder unangenehm an den Mordfall in seiner Vergangenheit erinnert und damit Harrys Nerven sehr strapaziert.
Da machen die beiden einen folgenschweren Ausflug ins Elsass …
Empfehlung der Woche
Willkommen@daheim ist die Empfehlung der Woche der SYNDIKATs-Redaktion vom 13. Juni 2016.Kritikerstimmen
Szenen des sich aufschaukelnden Missverstehens beherrscht Geldmacher so gut wie Loriot, ihre Dialoge gehören zum Leichtesten und gleichzeitig Geschliffensten, was die deutsche Krimiszene zu bieten hat. Aber man sollte das Buch wegen seines hintersinnigen Humors nicht unterschätzen: Geldmachers Diagnose ist oft so bitter wie der Kaffee, den Sylvia so unerbittlich charakterisiert.
Georg Patzer, Killer & Co., Stuttgarter Zeitung
Ohne nun also zu viel vorweg zu nehmen, kann ich das Buch allen Freunden von Thrillern bedenkenlos empfehlen. Auch ohne Vorkenntnisse eignet sich diese Geschichte, denn sie ist spannend, aufregend und bietet tiefe Abgründe der menschlichen Psyche.
Anja Gollasch, Merlins Bücherkiste
Ursula Flacke machte mit hochemotionaler, minutiös recherchierter Schilderung des Lebens in Südtirol um 1519 (Das Mädchen aus dem Vinschgau) den Auftakt; Christiane Geldmacher, 2015 mit dem Friedrich-Glauser-Preis für Kurzkrimis geehrt, las aus dem Buch Willkommen@daheim, das in zeittypischer, lockerer Sprache durch eine spannende Story mit Leiche im Keller und Tagebuch im Netz führt.
Charlotte Martin, Rüsselsheimer Echo, zur Eröffnung der Hessischen Literaturtage 2016
Drei Fragen an Christiane Geldmacher
Wann begann Ihre kriminelle Laufbahn?Am 27. Oktober 1977, als ich beim Begräbnis von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der Stuttgarter Innenstadt verhaftet wurde und die Nacht im Gefängnis verbrachte. Später bei einer Hausdurchsuchung in Wiesbaden, als ich aufs Revier mitgenommen wurde und eine BKA-Akte erhielt. Meine hochinteressanten Tagebücher aus Teenagerzeiten müssten die noch irgendwo haben. Das war Beginn und zugleich Ende meiner kriminellen Laufbahn. Ich bin aufs Land gezogen, weil mir das alles auf vielen unterschiedlichen Ebenen auf die Nerven ging.
Wie viele Verbrechen gehen auf Ihr Konto?
Als Autorin circa 25. Allerdings lasse ich es in letzter Zeit immer öfter offen, ob es eine Leiche gibt. "Verbrechen" ist ja weit zu fassen, man kann den Fetisch Leiche loslassen. Das tut der Vielfalt der Plots gut.
Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?
Meine Lieblingsgenres sind Kriminalromane und Popliteratur. Gerne eine Mischung aus beidem, wenn die unmittelbare Gegenwart aus ihnen hervorscheint und sie sich nicht in verkopft-abstrakten Settings abspielen, die weder Raum noch Zeit haben. In diesen beiden Genres fühle ich mich wohl, die konsumiere ich auch gern: wenn etwas passiert, wenn ein komplexes Figurenensemble mit vielschichtigen sozialen Beziehungen präsentiert wird, wenn das Buch Intelligenz, Witz und Tempo hat.
Leseprobe
Miriam sagt, ich soll mir einen Therapeuten suchen. Abgesehen davon, dass ich diese Idee unterirdisch finde – Miriam soll vor ihrer eigenen Haustür kehren; sie glaubt, sie handle immer so vernünftig und rational, ich kann ihr bescheinigen, dass dem nicht so ist – abgesehen davon hat sie natürlich Recht. Ich könnte jemanden zum Reden gebrauchen … Ich bin immer noch nicht durch mit den Ereignissen vom vorletzten Jahr. Eine Leiche zu viel in meinem Leben. Und in Miriams auch. Fakt.
Und seitdem es kürzlich bei Miriam in der Scheune gebrannt hat – die sie zusammen mit Kriminalkommissar Oswald Skokan zu einem Antiquariat umbaut –, bin ich etwas irritiert. Miriam vermutet den Grund nur in alten elektrischen Leitungen, aber ich frage mich, ob da nicht doch jemand Außerhäusiges seine Finger im Spiel hatte. Bekannte ihres Exfreundes Ben Goertz? Seine unseriösen Geschäftspartner? Die mich immer wieder bedroht haben, auch noch nach seinem Tod? Nicky Schäffer, der mich unter Druck setzen will, nur weil ich ihm eines Abends im Suff erzählte, was wirklich damals geschehen ist?
Oswald Skokan verfolgt die Brandstiftertheorie, aber aus einer anderen Richtung: Dorfjungs, die sich nur einen Spaß erlauben, um uns Zuzügler im Ort willkommen zu heißen. Oder es waren die Leute von der Freiwilligen Feuerwehr selbst. Das gehört heute ja praktisch dazu. In zwei Monaten sollte das Antiquariat eröffnet werden. Miriam und Oswald hatten schon angefangen, nach der Entkernung den Putz an den Wänden aufzubringen. Nun müssen sie das erst mal verschieben. Aber wenigstens hat nur eine Seitenwand etwas abbekommen.
Ich habe in den Gelben Seiten nach einem Therapeuten geschaut; nicht nur damit Miriam Ruhe gibt, sondern weil ich tatsächlich seit Wochen aus Albträumen hochschrecke und mich das langsam fertigmacht. Und nicht nur mich. Auch Miriam reklamierte lautstark, dass sie gern mal wieder eine Nacht durchschlafen würde. Mit unterdrückter Nummer telefonierte ich herum – ich will meine Identität nicht preisgeben – und bekam schließlich einen Termin bei einem Therapeuten in Frankfurt. Ich wollte ihn räumlich nicht zu nah bei uns im Rheingau haben; nicht, dass ich ihm noch irgendwann hier im Sommer in einer Straußwirtschaft begegne.
Also besuche ich ihn ein paar Tage später in seiner Praxis im Frankfurter Nordend. Launig empfängt mich Diplom-Psychologe Leon Mersch mit den Worten: „Sie suchen einen Therapeuten? Hier bin ich!“
Das zur Schau getragene Selbstbewusstsein geht mir auf die Nerven, aber Therapeuten mit schnellen Terminen sind im Rhein-Main-Gebiet rar gesät. Und er hat durchblicken lassen, dass wir uns erst beide nach der ersten Kennenlernstunde entscheiden, ob wir zueinander passen.
„Mein Fall ist etwas ungewöhnlich“, beginne ich, nachdem ich ihm gegenüber auf der Ledercouch Platz genommen habe.
Leon Mersch schlägt agil die Beine übereinander. „Das sagen alle! Aber ich lasse mich gern von Ihnen überraschen! Erzählen Sie mir etwas Neues! Das wäre ja auch ein Gewinn für mich. Manchmal ist alles so redundant ...“ Er rollt mit den Augen.
„Kein Problem“, erwidere ich. „Das haben Sie noch nie gehört, versprochen.“