Tot überm Zaun
Cosma Pongs ermittelt - Kriminalroman
Ella Dälken
Heyne Verlag, München
384 Seiten
Cosma Pongs heißt eigentlich Renate und ist mit Mitte 60 im besten Alter. Sie ist leidenschaftliche Krimiautorin und will nur eins: ihr Fachwissen in die Praxis umsetzen. Leider fehlt es im beschaulichen Düsseldorf an Verbrechen. Doch dann stößt Cosma beim Spaziergang in den benachbarten Schrebergärten auf eine Leiche. Endlich ein Mordfall für sie! Ihre Tochter, Kriminalhauptkommissarin Paula Pongs, sieht das jedoch völlig anders. Die verbietet sich jegliche Einmischungen in die Mordermittlungen. Davon lässt sich Cosma nicht abhalten, denn als erfahrene Krimiautorin weiß sie: Der Mörder kehrt immer an den Tatort zurück.
Ella Dälken
Ella Dälken studierte Germanistik und Geschichte in Osnabrück und Nottingham. Heute ist sie in Düsseldorf zuhause und lässt sich von der lebendigen Stadt zu neuen Geschichten inspirieren. Ihre literarische Reise begann 2013, als sie beim Sylter Kurzgeschichtenpreis gewann. Im Jahr darauf erschien ihr erster Kriminalroman. Inzwischen veröffentlicht sie unter Pseudonym historische Norderney-Krimis.
Sie ist in mehreren Autorenverbänden aktiv und organisiert Fortbildungskurse rund um das Thema Schreiben und Kriminalistik.
Tot überm Zaun ist die Empfehlung der Woche der SYNDIKATs-Redaktion vom 28.Mai 2018
Kritikerstimmen
"Tot überm Zaun ist fast schon eine Krimi-Komödie. Neben einer ganz besonderen Mutter-Tochter-Beziehung und Elfen, Esoterik, Pflanzenkunde und Kuchenrezepten geht es aber auch um die Frage: Wer ist für die Morde in der Schrebergartenkolonie verantwortlich?"
Ulli Wagner vom SR 3
"Ein ausgesprochen unterhaltsamer, im besten Sinne leichter Krimi mit viel Atmosphäre, bei dem die handelnden Figuren im Mittelpunkt stehen."
Anette Tracks von der Huffington Post
Drei Fragen an Ella Dälken
Wann begann Ihre kriminelle Laufbahn?
Ich hatte schon immer viel Fantasie und habe als Kind gerne gelesen. Irgendwann dachte ich: Das möchte ich auch machen! Schnell habe ich gemerkt, dass zum Schreiben mehr gehört, als sich einfach hinzusetzen und loszulegen. Schreiben ist zu einem großen Teil Handwerk. Also habe ich Ratgeber gelesen, Seminare besucht, mich vernetzt - kurz: mich weitergebildet. Dann konnte ich erste Kurzgeschichten veröffentlichen. Ein Weg, den ich nur empfehlen kann, denn Kurzgeschichten bieten eine hervorragende Möglichkeit unterschiedliche Stile auszuprobieren und Geschichten auf wenige Seiten zu konzentrieren. 2011 erhielt ich den zweiten Platz beim Sylter Kurzgeschichtenpreis, was mir Antrieb gab, mein Romanprojekt voranzutreiben. Ein Jahr später konnte ich dann tatsächlich meinen ersten veröffentlichten Kriminalroman in den Händen halten.
Wie viele Verbrechen gehen auf Ihr Konto?
Etwa ein Dutzend Kurzgeschichten bei verschiedenen Verlagen und zweieinhalb Romane. 2012 erschien mit "Nur fünf Tage" mein erster Roman, eine düstere Entführungsgeschichte. 2017 erschien mit "Tot überm Zaun" der erste Band meiner Reihe um die Hobbyautorin Cosma Pongs und ihre Rentner-WG. Im August 2018 wird mit "Tot im Winkel" der zweite Band der Reihe erscheinen. Außerdem habe ich aktuell ein Romanprojekt in Arbeit und bin gerade dabei etwas Neues zu entwickeln.
Warum haben Sie sich für ein Leben mit dem Verbrechen entschieden?
Ich schreibe Krimis, weil mich das Spiel mit den Grenzübertretungen fasziniert. Im Krimi geht es um Mord, um menschliche Abgründe. Ich mag es, unterschiedlichste Perspektiven herauszuarbeiten. Mein erster Roman war düster angelegt, es geht um eine Entführung, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Als Leserin von Kriminalromanen hatte ich dann aber zunehmend satt, dass es immer brutaler zugeht und vorwiegend Voyeurismus bedient wird. Ich dachte mir: Das muss doch auch anders gehen. Deswegen habe ich mich bei meiner Cosma Pongs-Reihe für einen eher humorvollen Grundton entschieden.
Was ist Ihre Lieblingstatwaffe?
Als begeisterte Gärtnerin fasziniert mich Pflanzengift als Tatwaffe, vor allem, weil es für jeden verfügbar ist. So bin ich beispielsweise im letzten Herbst beim Spazierengehen am Rhein über mehrere Stechäpfel gestolpert. Wenn man die Augen aufhält, sieht man immer wieder Giftpflanzen. Außerdem kann man mit Gift auf die Entfernung töten, ohne selbst aktiv werden zu müssen und Gefahr zu laufen, gefasst zu werden.
Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?
Krimi ist für mich ein Gedankenspiel, ein Rätsel, das es zu lösen gibt. Es macht wahnsinnig Spaß Figuren zu entwicklen, Mordmotive zu entwerfen und vor allem falsche Fährten zu legen.
Leseprobe:
WIE ALLES BEGINNT
Es wird einen Mord geben, ich spüre es in meinem kleinen Finger. Vor uns liegt das Schrebergartengelände. Dunkle Tannen, meterhohe Hecken, hutzelige Häuser. Mehr verbrechensmäßig geht nicht. Herr von Itzenplitz sieht das anders. Er meint, das Gelände wäre hervorragend geeignet für einen inspirierenden Morgenspaziergang im August. Wir wohnen nämlich direkt um die Ecke, am Zoopark in Düsseldorf: Herr von Itzenplitz, Ewald Meier-Zuhorst, Gerda Rommstätter, Alfred und ich. Allesamt Kriminalschriftsteller über sechzig, die sich gegenseitig inspirieren. Wobei Alfred kein Autor ist, sondern unser Kater.
Herrn von Itzenplitz’ Spezialität sind historische Kriminalromane. Sein letzter hieß Tod an Fertigungsband 7 oder: Der Kampf des versklavten Proletariats in der kapitalistischen Gesellschaft gegen die besitzende Bourgeoisie. Der Roman – im Eigenverlag veröffentlicht – verkaufte sich weltweit zwölfmal. Fünf Verwandte, ein Nachbar und sechs unbekannte Leser, die über das Internet auf ihn gestoßen sind. Kein schlechter Erfolg.
Ich selbst schreibe Detektivgeschichten, die auf wahren Begebenheiten beruhen. Mehr oder weniger jedenfalls, denn die Mordrate in Düsseldorf ist bedauernswert niedrig. Es will einfach niemand eines unnatürlichen Todes sterben. Beschämend.
Ich deute auf die grüne Eisentür, die den Eingang in die Welt der Schrebergärten bildet. »Wir müssen hier durch!«, raune ich.
Herr von Itzenplitz zupft an seinem dünnen Bärtchen, das ihm so einen kecken Ausdruck verleiht, streicht die weißen Haare akkurat zurück und zieht seinen Anzug gerade. »Starten wir, meine Liebe.«
Ich schwinge mir mein kanariengelbes Cape um die Schultern, das ich vor sieben Jahren in London auf dem Camden Market erstanden habe. Es ist aus weicher Baumwolle und nicht nur bequem geschnitten, sondern auch ungemein praktisch. Auf der Innenseite sind geheime Taschen eingenäht. Da habe ich alles drin, was wichtig ist. Eine Gabel – Messer finde ich zu gewalttätig –, einen Dietrich und mein Diktiergerät, auf dem ich Impressionen für meine Krimis festhalte.
Ich atme tief durch, und wir durchschreiten das Tor. Sofort befinden wir uns in einem fremden Kosmos. Statt sicherer Schnellstraßen, Geborgenheit bietender Hochhäuser und vertrauenswürdiger Ampeln liegt vor uns ein Dschungel aus Grün. Überall Hecken, Bäume und Blumen. Als wir um eine Ecke biegen, kläfft uns ein Yorkshire Terrier an. Herr von Itzenplitz wehrt ihn mutig mit seinem Gehstock ab. Und mir ist jetzt schon klar: Schrebergärten sind eine Brutstätte der Gewalt.